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Interview mit Prof. Chiara Romagnani

Seit 2009 leiten Sie am DRFZ eine Forschungsgruppe, die sich mit angeborener Immunität beschäftigt. Kürzlich wurden Sie zur Professorin für Immunologie und Entzündung an der Charité – Universitätsmedizin Berlin berufen. Herzlichen Glückwunsch! Mit Ihrer Professur ist die wissenschaftliche Leitung des Leibniz-WissenschaftsCampus Chronische Entzündung verbunden. Was ist die Idee hinter dieser gemeinsamen Initiative?

Der Leibniz WissenschaftsCampus Chronische Entzündung bringt die wissenschaftliche Exzellenz des DRFZ und die klinische Exzellenz der Charité auf dem Gebiet der chronisch entzündlichen Erkrankungen (CED) zusammen Diese Erkrankungen, zu denen z.B. Rheumatoide Arthritis oder die Darmerkrankung Morbus Crohn zählen, betreffen etwa 10 % der Bevölkerung. Unser Ziel ist es, die gemeinsamen Mechanismen, die den verschiedenen CED zugrunde liegen, besser zu verstehen und Therapiekonzepte von einer Krankheit auf eine andere zu übertragen. Ein Beispiel ist eine aktuelle wissenschaftsgetriebene (sog. Off-Label) Studie des Teams um Tobias Alexander, einem klinischen Wissenschaftler an der Charité: Das Team hat Patienten mit schwerem systemischem Lupus erythematodes erfolgreich mit Daratumumab behandelt , einem monoklonalen Antikörper, der eigentlich für die Behandlung des Multiplen Myeloms zugelassen ist. (Link zum Fachartikel)

Wie hat der Campus diese Erfolgsgeschichte ermöglicht?

Der Leibniz-WissenschaftsCampus Chronische Entzündung dient hier als eine Art Thinktank. Unsere Kliniker und Grundlagenwissenschaftlerinnen treffen sich regelmäßig, um ihre Ergebnisse zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und neue Konzepte zu entwickeln. Hiervon profitieren beide Seiten gleichermaßen: Die täglichen Beobachtungen an den Betroffenen, also von Krankheitsverlauf und Therapieansprache, werfen Fragen auf, die im Labor experimentell angegangen werden können. Umgekehrt können vielversprechende neue wissenschaftliche Ergebnisse und therapeutische Konzepte, die in experimentellen Modellen entwickelt wurden, für das Design neuer, kleiner klinischer Studien genutzt werden. Mit dieser Expertise und den verfügbaren Spitzentechnologien zur Untersuchung von Entzündungszellen auf Einzelzellebene bietet der Leibniz-WissenschaftsCampus Chronische Entzündung einen idealen und einzigartigen Rahmen, um die Pathogenese chronischer Entzündungen zu untersuchen und neue Therapien zu entwickeln.

Sie haben gerade erfolgreich eine zweite Förderperiode eingeworben. Was wollen Sie in den nächsten Jahren erreichen?

In der ersten Förderperiode haben wir neben vielen wissenschaftlichen Beiträgen die zentralen Strukturen des Campus erfolgreich etabliert: eine gemeinsame DRFZ-Charité-Governance und die Berufung neuer gemeinsamer Arbeitsgruppen zwischen Charité und DRFZ, Trainingsprogramme für NachwuchswissenschaftlerInnen sowie eine Reihe von Clubs und Seminaren. Das Ziel ist, den wissenschaftlichen Austausch innerhalb der Berliner Fachcommunity zu stärken und die Öffentlichkeit über chronische Entzündungserkrankungen zu informieren. Der langfristige wissenschaftliche Fokus des Campus ist es, die Zellen und Mechanismen, die Entzündungen in verschiedenen Geweben verursachen und kontrollieren zu identifizieren und therapeutisch anzugreifen. Um dieses Ziel zu erreichen, suchen wir in der zweiten Förderperiode nach Merkmalen der Zellen, die sich nutzen lassen, um das Ansprechen auf eine Therapie für eine Behandlung vorhersagen – sogenannte Biomarker. In einem gemeinsamen Projekt mit Tilmann Kallinich, Kinderrheumatologe an der Charité und neuer Partner im Campus, und mit Mir-Farzin Mashreghi, Gruppenleiter am DRFZ, suchen wir nach solchen zellulären Merkmalen in der Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA), der häufigsten rheumatischen Erkrankung bei Kindern. Aus bisher nicht bekannten Gründen bildet sich die JIA bei einigen Betroffenen spontan zurück, während bei anderen die Gelenkentzündung bestehen bleibt oder wiederkehrt. Wenn wir verstehen, warum dies der Fall ist und wenn wir Marker finden, die vorhersagen können, ob die Erkrankung wieder auftritt, können wir die Diagnose und die Behandlung der Kinder verbessern. Neben der Analyse von einzelnen Immunzellen liefern hier auch die Langzeitbeobachtungen von jungen RheumatikerInnen durch die Epidemiologie am DRFZ wichtige Daten.

Durch die Kombination unserer einzigartigen wissenschaftlichen Expertise, der hochinnovativen Technologien und der exzellenten klinischen Partnerschaften wollen wir das Feld voranbringen und die Patientenversorgung entscheidend verbessern.

Ein Schwerpunkt des WissenschaftsCampus Chronische Entzündung ist die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Was unternimmt der Campus hier genau?

Ein  wichtiges Ziel des Campus ist es, exzellente und nachhaltige Ausbildungsmöglichkeiten für die nächste Generation von Wissenschaftlerinnen und Klinikern auf dem Gebiet der chronischen Entzündungskrankheiten zu entwickeln. Bereits in der vorangegangenen Förderperiode haben wir die Leibniz Graduiertenschule Chronische Entzündung für Promovierende der Naturwissenschaften und der Medizin etabliert, sowie das Leibniz-Kolleg Chronische Entzündung für PostDocs. Hier bieten wir Weiterbildungskurse und ein Mentoring an, um junge WissenschaftlerInnen in der frühen Phase ihrer Karriere dabei zu unterstützen, wissenschaftlich eigenständig zu werden. Darüber hinaus bringt unsere Sommerschule Chronische Entzündung junge MedizinerInnen (Ärzte in Ausbildung) mit Promovierenden und PostDocs zusammen, die experimentell auf dem Gebiet der chronischen Entzündung arbeiten. Der Campus arbeitet auch mit dem Kennedy Institute of Rheumatology in Oxford zusammen, einem führenden Partnerinstitut auf dem Gebiet der rheumatischen Erkrankungen und der CED.

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